30.7.17

Keine Zeit für Helden - 26.Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm

von Neeresheim nach Giengen 27,6km

Am Abend vorher ruft mich ein Veranstalter an. "Ich bin kein Moderator", sage ich und schalte den Fernseher ein. Die Beine wiegen schwer. "Aber das ist ja gerade der Reiz", antwortet der Veranstalter am anderen Ende der Leitung und seine gute Laune nervt. "Sie bringen als Schauspieler eine ganz neue Farbe in unsere Ball, denn wir ziehen das diesmal ganz groß auf und wollen es knallen lassen." Die Frauenfußball Nationalmannschaft läuft sich gerade warm, gleich beginnt das Spiel gegen Dänemark.



Ich habe gelernt bescheiden zu sein. Manche Angebote erweisen sich als gut, wenn man sie einfach annimmt, ohne lange nachzudenken. Zuviel Nachdenken macht mürbe. Und wer mürbe ist wird müde. Das Leben ist bunt und nicht jede Logik erweist sich zu jeder Zeit als hilfreich. 


"Hören sie, ich werde kommen und genau drei Lieder singen, aber nicht moderieren. Sie haben doch eine Band an diesem Abend engagiert. Die kenne ich, die sind gut. Die könnte mich begleiten, wäre da okay?" Der Veranstalter glüht vor Glück und Isabel Kerschowski schießt das 1:0, aber was für ein schwerer Patzer von Dänemarks-Torfrau Stina Lykke! Mit einem kurzen Dreh öffne ich eine kleine Flasche Rotwein.Dankbarkeit erfasst mich. Dass ich an diesem außergewöhnlichen Theater in Dresden spiele, dass hier meine Garderobe ist und mein Zuhause. Seit siebenundzwanzig Jahren. Immer noch bin ich aufgeregt, wenn ich auf dieses Theater zugehe. Ein Privileg. 

Auf den mageren Böden im Kalkstein findet sich die typische Flora der Schwäbischen Alb. Silberdisteln, Thymian und Sommerröschen. Es sind dreißig Grad und die Sonne knallt. Kaum eine Wolke zu sehen.


Fleinheim bei Dischingen

Gedanken kommen beim Gehen. Durch das Gehen. Ein Gedanke stößt den nächsten an. Manchmal muß man das Gehirn überlisten. 

Die Feldarbeiter fünf Kilometer vor Giengen decken die Ernte zu. Ungewöhnlich hastig. Es zieht ein Wärmegewitter auf. Ich flüchte über ein langes Feld auf ein Gehöft zu. Keine Menschen, nur Tiere sind hier, selber schon unruhig. Ich ziehe ich die Regenhülle über den Rucksack. Es donnert angsteinflößend. 


Zwischen Martinshof und Giengen im Gewitter

Keine Zeit für Helden. Wohin? "Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen." Hier gibt es nur einen ausgedienten LKW- Anhänger, der am Feldrand steht. Das Gewitter macht ernst, jetzt zucken Blitze. Runter und Ruhe bewahren. Oh Gott, es schüttet aus Eimern.

Nach einer Stunde kommt die Sonne raus. Die Felder stellen ihr Halme auf, als wäre nichts gewesen und ich krieche aus meinem Versteck. Nochmal gut gegangen.