28.7.16

Katzenjammer - 8.Pilgertag

Auf dem Sächsischen Jakobsweg
von Stollberg nach Zwickau, 30km

Heute habe ich Katzenjammer und sehne mich nach zu Hause. Das Reden fehlt mir. Die Gespräche. Immer nur Hund und Katze. Kühe und Kirschen können auch nerven. Selbst die Felder mit ihrem goldgelben Weizen versöhnen nicht. Immer nur mit sich alleine und immer nur ein Schritt vor den nächsten. Das nervt.


Wildenfels, Sachsen, Deutschland

Lange führt mein Weg direkt an der Autobahn entlang und ich versteh mein eigenes Wort nicht wenn ich mich mit Thomas Bernhardt unterhalte. Das Textbuch in der Hand versuche ich mich vergebens zu konzentrieren und lass es schließlich sein.

Wieder auf freiem Feld hieve ich den Rucksack von den Schultern und rufe eine Pilgerherberge in Zwickau an. Eine Frau ist am Apparat "Sie können gerne bei uns übernachten. Aber bedenken sie es ist eine einfache Unterkunft." "Ach was" lüge ich, dankbar für die Zusage, "das Einfache ist immer das beste."




Neuwürschnitz, Sachsen, Deutschland

Lang dehnen sich vor Zwickau die Einfamilienhäuser auf ordentlichen Parzellen. Die Besitzer waschen ihre Autos und Mähen in unglücklichen Badehosen die Wiesen vor ihren Eingängen. Weiße Steine verhindern das Parken neben den Straßen. Es ist still, wie zur spanischen Siesta. Ich trinke begierig mein letztes Wasser aus der roten Flasche und halte Ausschau nach wilden Wasserhähnen, die für Nachschub sorgen könnten.

Zwickau

Hier muß es irgendwann kommen, denke ich und laufe mit meinem iPhone im GPS Betrieb die große Hauptstraße entlang, die breite "173" in Zwickau. Lieber Gott, lass diese Straße schön werden denke ich! Wenigstens ein bisschen stiller. Hier ist es. Über der Tür steht ein blaues Schild: "Klempnerei Siegel". Ich schiebe die schwere Holztür auf. Kühl begrüßt mich der Flur. Dann gehe ich den Stimmen im ersten Stock entgegen. Dort stehen Steffen und seine Frau Barbara und begrüßen mich. "Hier ist der Schlüssel. Der gehört bis morgen dir. Die Dusche ist auf dem Hof, ich werde dir eine Leine spannen, dann kannst du die nasse Wäsche trocknen. Das ist dein Zimmer. Ich hoffe es stört dich nicht, dass unser Wohnzimmer nebenan ist." Steffen setzt sich und redet, ich höre gerne, aber nicht genau zu. Ich bin nach 30 Kilometer müde und dankbar. 

Zwickau

Später, wenn ich von meinem nächtlichen Spaziergang zurückgekommen sein werde, werden wir lange in der Küche sitzen und über das Leben reden, über das Reisen und über das Vertrauen. Die Themen werden sich stapeln und Barbara wird Pfefferminztee trinken und Steffen aus der Weißweinflasche kosten, die ich dann austrinken werde, ohne es zu merken und ich hatte sie ihnen doch geschenkt. Und am Ende werden wir uns in den Armen liegen und es wird egal sein, dass wir uns erst 6 Stunden kennen.



Nächstes Kapitel: Aus blauem Himmel - 9.Pilgertag