25.2.17

Nürnberg - 19.Pilgertag

Auf dem Oberfränkischen Jakobsweg
von Kalchreuth nach Nürnberg 20,3km

"Wo ist der Weihnachtsmarkt?" rufe ich. "Wo ist der berühmte Nürnberger Lebkuchen, den man am besten in Sachsen kaufen kann?" Und richtig auf dem Markt, gibt es doch tatsächlich auch jetzt weihnachtliches Gebäck in allen Größen und schönen bunt gestanzten Dosen. 


Zunächst aber laufe ich auf die Stadtmauer zu. Imposant und riesig. Chinesen aus Bussen steigen aus und halten ihre iPads auf die Burg, dann steigen sie wieder ein und sind weg. Ein hastiges Volk. So laut wie leise. 


Man betritt die Stadt von oben, die Kaiserburg im nahen Blick und fällt dann geradezu stadteinwärts auf den berühmten Marktplatz.



Der "Schöne Brunnen" auf dem Markt wurde Ende
des 14.Jahrhunderts errichtet.

Heute ist wiedermal ein Abschied. Ich werde von Nürnberg nach Hause fahren und von hier aus die Reise im Sommer 2017 fortsetzen. 


Inzwischen bin ich schon 506 km von zu Hause in Richtung Spanien gepilgert. Mensch, ist das aufregend! Aufregend vor allem deshalb, weil man sozusagen im "Vorbeigehen" erlebt, wie sich die Mentalität, der Dialekt, die Architektur, das Bier, oder auch nur das Brot verändern. Es ist nicht das Große, das Gewichtige, das man beim Pilgern erfährt. Es sind die Kleinigkeiten, die ein Neues, ein neues Ganzes ergeben. 

Denn was man zu Fuß erlebt behält man im Kopf.




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24.2.17

Der Zauberstab - 18.Pilgertag

Auf dem Oberfränkischen Jakobsweg
von Betzenstein nach Kalchreuth 38km

Mit der Burgruine Wildenfels wird der höchste Punkt der Strecke zwischen Bayreuth und Nürnberg erreicht. Durch die Ost-West-Überquerung der Fränkischen Alb gibt es viel auf und ab.


Heute ist ein schöner Tag. Ich komme gut voran und singe Bodo Wartke Lieder. In vier Monaten ist Premiere auf dem Theaterkahn Dresden und die Lieder sind schön, aber lang.  Nun gut, ich habe Zeit und geniesse seinen Wortwitz auf den Feldern vor Gräfenberg.


In Gräfenberg auf dem Marktplatz mache ich Halt und lese in der Karte. Dann stocke ich, atme einmal tief durch, schaue wieder auf die Karte und stocke erneut. Ich habe meine Rechnung ohne den Winter gemacht. Natürlich, es wird ja im Winter viel früher dunkel. Oh, ich verdammtes Stadtkind. Oh, ich verwöhntes, straßenlichtbehütetes, U-Bahn und S-Bahn geschädigtes berlinerndes Stadtkind. Jetzt aber schnell, denn wenn nicht ein Wunder geschieht, bin ich zum Sonnenuntergang noch mitten im Wald, ohne Licht und Orientierung.




23.2.17

Garry Cooper und Bodo Wartke - 17.Pilgertag

Auf dem Oberfränkischen Jakobsweg
von Pegnitz nach Betzenstein 26km


Ich werde die Herausforderung annehmen, beim nächst Zyklus genauer darüber nachzudenken, was ich alles nicht brauche und was ich wirklich brauche. Jedoch nicht: "Weniger ist mehr!", sondern "Besser ist richtig!". Das richtige Material, eine Jacke für viele Gelegenheiten. Außerdem darf man ruhig auch was vermissen. Das ist am Ende gar nicht schlimm. Unsere Zeit hat uns abgewöhnt Dinge zu vermissen. Wir haben immer alles dabei. Selbst das Schweizer Taschenmesser hat 104 Funktionen. Ich glaube, man kann es auch essen.




Schnell bin ich aus dem Pegnitztal heraus hoch auf die Felder. Der Weg führt nach Bronn. Einem kleinen verschlafenen Nest. "High Noon" im Frankenwald. "Hallo, lebt hier jemand?" ich rufe halblaut, denn ich vermute Garry Cooper kommt gleich um die Ecke. Aber es gibt kein Duell. Ich trinke Tee und laufe singend die Straße ortsauswärts. Bodo Wartke, ob man den hier kennt? Nicht mal eine Kuh, die mir zunickt, keine Fliege. Nur das stete summen der Autobahn in weiter Ferne.



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Nächstes Kapitel: Der Zauberstab - 18. Pilgertag


22.2.17

Im Westen nichts neues - 16.Pilgertag

Auf dem Oberfränkischen Jakobsweg
von Creußen nach Pegnitz 26km


Vielleicht fehlen mir die duftenden Gräser und Felder. Es ist eintönig. Selbst der Wald trauert. Ich friere eigentlich immer. Meine dünne Laufjacke hält die Winde kaum ab. Gegen alle Vernunft lasse ich Pausen aus, um vorwärts zu kommen. Es regnet. In Hungenberg, biege ich in den Wald ab. Hier muß irgendwo die Quelle des "Roten Main" sein.



Wußte ich garnicht, dass der Main aus dem "Weißen Main" und dem "Roten Main" besteht. Ersterer entspringt im Granitgebirge. Ich lese zähneklappernd die Tafeln im Wald, mehr pflichtbewußt als interessiert. 

21.2.17

3,6 Sekunden - 15.Pilgertag

Auf dem Oberfränkischen Jakobsweg
von Bayreuth nach Creußen 21km

David liebt schnelle Autos. Seine Freundin auch. David wird Medizin studieren. Am besten in Wien. 6000 Bewerber auf 300 Plätze. Das kann knapp werden. Aber wird klappen. David grinst: "Ich bin faul, aber ehrgeizig! Ich will der Beste sein. Wenn schon, denn schon. Dann drückt er aufs Gas und der Mercedes schnellt nach vorne. Von Null auf hundert in 3,6 Sekunden. Es drückt uns in die Sitze. "Wie auf dem Rummel", stöhne ich. Oh Gott ist das schnell. Ich schaue nach unten. Eine alte Technik, erlernt auf unzähligen Riesenrädern dieser Welt. David grinst. David grinst eigentlich immer und ich bin ihm dankbar, weil er mich, mit dem Auto seiner Eltern, in 3,6 Sekunden von Dresden nach Bayreuth fährt. Der Regen peitscht an die Scheiben.



Und dann ist Bayreuth einfach da, wie selbstverständlich, als wäre keine Zeit dazwischen gewesen. Ein halbes Jahr ist vergangen. Jetzt haben wir Winter. Und es geht weiter auf dem Oberfränkischen Jakobsweg.



Etwas trostlos, aber schneebefreit mühen sich meine Schuhe auf den feuchten Wegen.  Mein Fuß versinkt im Morast. In Creußen findet sich ein Schild in der Brautgasse. "Noch 2856 km bis Santiago de Campostella."


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