25.11.17

Über die Geduld - 34.Pilgertag

Auf dem Oberschwäbischen Jakobsweg Ulm - Konstanz

von Ravensburg nach Brochenzell 17,6km



Man muss den Dingen
die eigene Stille,
ungestörte Entwicklung lassen,
die tief von innen kommt
und durch nichts gedrängt,
oder beschleunigt werden kann,
alles ist austragen -
und dann gebärden.

Reifen wie der Baum, 

der seine Säfte nicht drängt 
und getrost in den Stürmen des Frühlings steht, 
ohne Angst, 
dass dahinter kein Sommer 
kommen könnte. 

Er kommt doch! 

Aber er kommt nur zu den Geduldigen, 
die da sind, als ob die Ewigkeit 
vor ihnen läge, 
so sorglos, still und weit... 

Man muss Geduld haben 

Mit dem Ungelösten im Herzen, 
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben, 
wie verschlossene Stuben, 
und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache 
geschrieben sind. 

Es handelt sich darum, alles zu leben. 
Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, 
ohne es zu merken, 
eines fremden Tages 
in die Antworten hinein.

(Rainer Maria Rilke)

Ravensburg, Blick aus dem Fenster

24.11.17

Mutter - 33.Pilgertag

Auf dem Oberschwäbischen Jakobsweg Ulm - Konstanz

von Bad Waldsee nach Ravensburg 28,1km

Ich brauche diese Tage. Den Wanderstock, abgegriffen und gewohnt. Die Schuhe geben Halt. Ich brauche diesen Duft nach Tanne, nach Buchen. Ich bin schier unendlich damit beschäftig in die Ferne zu rennen, gierig nach Entfernung, als wäre dort die Erlösung, oder Ruhe. Dies ist vielleicht die schönste Etappe auf dem Oberschwäbischen Jakobsweg und heute sind die Farben bunt, denn die Sonne ist wieder da. Auch der Raps steht und erinnert an den Mai. 

Und ich denke an meine Mutter, die ihren 79. Geburtstag um zwei Tage verfehlte. Der Krebs hat sie besiegt. Und ich habe mit meinem Vater die letzten Wochen an ihrem Bett verbracht und dann kamen Leute die das weiße Tuch über ihr Gesicht zogen. Und dann haben sie dieses Stück Mensch, diesen leblosen Körper, der eben noch meine Mutter war, in einem Laken wie ein Stück Holz aus der Wohnung getragen.



"Denn dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen."



23.11.17

Mit Pumpernickel im Kreisverkehr - 32. Pilgertag

Auf dem Oberschwäbischen Jakobsweg Ulm - Konstanz

von Steinhausen nach Bad Waldsee 27,5km

Pierre leiht mir sein Auto. Einen metallic blauen Nissan Micra. Es ist Herbst geworden. Tristes begleitet mich an den Leitplanken der Autobahn. Ich düse in das ferne Bayern um meine Pilgerreise fortzusetzen. Ein paar Tage frei. Es wurde Zeit. Mir fällt das Denken schwer. Viel ist passiert. Der Regen, halb Schnee prasselt laut auf die Windschutzscheibe.

Das Gasthaus "Zur Linde" nimmt mich freundlich auf. Früh schmiere ich mir Pumpernickel für den Tag. Da kann nichts passieren. "Sie können ihn Nissan auf die Obstwiese stellen bis sie wieder kommen." "Ja, danke das ist eine gute Idee," sage ich und es geht los. Über Wiesen und Felder, weiter in Richtung spanisches Königreich.


Wald bei Steinhausen

Bei Oberdischingen laufe ich im Kreis. Drei Kilometer umsonst. Aber was ist schon umsonst. Vergeblich? Nein, gratis! Ich beschließe mich nicht zu ärgern und beiße in meinen Pumpernickel.





Nächstes Kapitel - "Mutter" - 33.Pilgertag

22.10.17

Marathon beim Dresden Marathon 2018, 3:43:31



Lief gut bis km 37, dann Krämpfe. Die letzten Kilometer waren abenteuerlich. Motto: Ich behalte die guten Bilder im Kopf und trainiere weiter.

378. in der Gesamtwertung. 56.Platz in der AK 50 (von 146), HM Zeit 1:50


Details bei STRAVA

4.8.17

Sie ist die Schönste - 31.Pilgertag

Auf dem Oberschwäbischen Jakobsweg Ulm - Konstanz

von Äpfingen nach Steinhausen. 28,5km

Auf den Plakaten steht "Nena kommt." Ich trinke Kefir und lese aufmerksam jeden Satz auf dem kleinen bescheidenen Papier an der Hauswand unweit vor Steinhausen. Sie wird in Biberbach auf dem Marktplatz singen. Morgen Abend kommt sie. Warum auch nicht. Nena und ihre neunundneunzig Luftballons. Ich sehe sie schon vor mir in den schwarzen Himmel steigen. Bunt und leicht werden sie die Kleinstadt verzaubern. Die neunundneunzig Luftballons.



‎⁨Biberach an der Riß⁩, ⁨Baden-Württemberg⁩, ⁨Deutschland⁩

Ich habe Schmerzen im Rücken. Schon mehrere Tage lang. Das Sakralgelenk unterhalb der Hüfte ist fest. Ich kann mich nur sehr schwer bücken. Im Gasthaus "Zur Linde" schlage ich mein Nachtquartier auf. 


3.8.17

Ich könnte es tun - 30. Pilgertag

Auf dem Oberschwäbischen Jakobsweg Ulm - Konstanz

von Oberdischingen nach Äpfingen 25km

Und wenn ich nun weiterliefe? Nicht übermorgen in den Zug stiege? Der mich zu allem zurückbrächte was mir lieb und teuer ist und was Gewohnheit ist. Und Gewohnheit ist auch Wohlbefinden und Wohlbefinden ist auch Fessel und Ritual. Wenn ich es nicht täte? Wie man dächte? Alles absagte, alle Verpflichtungen und Vereinbarungen bräche? "Tut mir leid!", sagen würde. Zuhause anriefe und Bescheid gäbe, dass es etwas länger dauerte? Ein halbes Jahr noch? Für 2500 Kilometer wäre ich noch unterwegs?

Ich könnte es tun. Nach Santiago de Compostela weiter laufen, ohne Punkt und Komma. Durch die Schweiz und Frankreich und Spanien. Ich könnte.



In Scheunenhof oben auf dem Berg stehe ich lange und schaue ins Tal. Dann nehme ich meinen Stock und laufe weiter. 


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2.8.17

Ein Tag wie eine Woche - 29. Pilgertag

Auf dem Oberschwäbischen Jakobsweg Ulm - Konstanz

von Ulm nach Oberdischingen 25km

Heute früh hat Erica Qi Gong gemacht. Auf der Wiese vor dem Feld. Da war der Rasen noch feucht, der Morgen schon Warm. Da habe ich mitgemacht. Es war sehr früh.


Oberdischingen, im Garten des Cursillo Hauses St. Jacob

Gestern Abend war der Abend rot, als die Sonne hinter dem Roggen verschwand und Gerda hat Märchen erzählt. Sie hat hunderte Märchen im Kopf. Es ist Sommerseminar im Cursillo Haus, St. Jacob in Oberdischingen, die Pilgerherberge hat eine große Bibliothek und schöne Räume, es gibt zu essen. Ich geselle mich zu der Gruppe. Für eine Nacht. Die Köchin kocht Lasagne. Sie ist freundlich. Man sitzt an langen Holztischen. 


1.8.17

Sie ist grün, die blaue Donau - 28. Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm

von Nerenstetten nach Ulm 28,5km

Der große Sam Shepard ist gestorben, Trump - mit aufgerissenem Mund -entlässt einen Mitarbeiter nach dem anderen und das Riesenbaby aus Nordkorea spielt mit Atomraketen, wie mit dem Playmobil. Die Guten gehen, die Dummen bleiben, draußen kräht der Hahn. Guten Morgen!



Der Gasthof: "Zum Goldenen Adler" ist über fünfzig Jahre alt und gefällt mir. Die Zimmer sind ruhig und die Betten weiß. Schon früh ist es warm. Die Sonne kriecht durch die Jalousie. Ich höre Passanger, "Simple Song", gehe runter in die Wirtschaft, da ist ein einsamer Tisch für mich gedeckt, esse Frühstück, packe meine Sachen, zahle und mache mich auf den Weg nach Ulm.



28 Kilometer und ein 31Grad. Die Tour heute hat es in sich. Ich bin neugierig auf die Donau. Sie entspringt im Schwarzwald und im Schwarzen Meer. Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Moldawien und die Ukraine. Durch 10 Länder fließt sie und ist mit 2800km der längste Fluss Europas.


Donau, vor Ulm
Doch dann: mein Blick fällt auf die Donau. Sie ist grün! Nicht blau! Grün! Zehntausend Schlager und Operettenlieder haben sich geirrt. Sie ist grün die "schöne blaue Donau".


Eingangstür im Stadtkern Ulm

Und überhaupt Ulm. Nicht eine Ulme! Kastanienbäume ohne Ende, Ahorn, ja sogar eine Robinie habe ich gesehen, aber keine Ulme in Ulm. Betrug. Ich verlange min Geld zurück. 


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31.7.17

Das ich Liebe übe - 27. Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm

von Giengen nach Nerenstetten  24km


"das ich liebe übe, wo man sich hasst,
verzeihe, wo man sich beleidigt,
verbinde, wo Streit ist,
die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht,
den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt, 
die Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält, 
dein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert, 
Freude mache, wo der Kummer regiert." 

Franz von Assisi (1182 - 1226)


...gefunden auf einem großen Bild 
in der kleinen frühgotischen Kirche 
St. Cyriakus, Nerenstetten.




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30.7.17

Keine Zeit für Helden - 26.Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm

von Neeresheim nach Giengen 27,6km

Am Abend vorher ruft mich ein Veranstalter an. "Ich bin kein Moderator", sage ich und schalte den Fernseher ein. Die Beine wiegen schwer. "Aber das ist ja gerade der Reiz", antwortet der Veranstalter am anderen Ende der Leitung und seine gute Laune nervt. "Sie bringen als Schauspieler eine ganz neue Farbe in unsere Ball, denn wir ziehen das diesmal ganz groß auf und wollen es knallen lassen." Die Frauenfußball Nationalmannschaft läuft sich gerade warm, gleich beginnt das Spiel gegen Dänemark.



Ich habe gelernt bescheiden zu sein. Manche Angebote erweisen sich als gut, wenn man sie einfach annimmt, ohne lange nachzudenken. Zuviel Nachdenken macht mürbe. Und wer mürbe ist wird müde. Das Leben ist bunt und nicht jede Logik erweist sich zu jeder Zeit als hilfreich. 


29.7.17

Auf Wolken - 25.Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm

von Nördlingen nach Neeresheim 28,2km

Ich sitze alleine beim Frühstück und schaue in die Zeitung, dann schlage ich sie zu und schaue aus dem Fenster. Heute wird es warm. Blauer Himmel, saftige Wiesen und Kiefernwälder begleiten mich. In der Burgruine Niederhaus mache ich Rast.

Ederheim, Bayern - Burgruine Niederhaus

Napoleon war sein Sieg bei Neereheim, mein heutiges Etappenziel, so bedeutsam, dass er den Namen in den Arc de Triumph in Paris eingravieren ließ. Das Kloster, ein Kilometer vor Neeresheim, ist beeindruckend .


28.7.17

Flammendes Inferno - 24.Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm

von Oettingen nach Nördlingen 26,9km

Fünfhundert Weißbrotbrötchen versperren mir die Sicht im barocken Frühstückssaal des Hotels zur "Goldenen Gans" in Oettingen. "Ich bringe ihnen Vollkornbrot", die Wirtin blickt verstohlen auf die Uhr. "Ich habe verschlafen, stöhne ich kleinlaut." "Das habe ich gemerkt", sie wendet sich geübt und im Bewusstsein Wirkung zu hinterlassen, ihre Jeans sind etwas aus der Mode, sitzen aber gut, denke ich, als sie den Saal verläßt und im gehen, wie nebenbei Teller von den Nachbartischen räumt. Wie alt wird sie sein? 


Oettingen, Bayern, Hotel Zur Goldenen Gans


"Sie sind Schauspieler?", fragt sie und stellt, zurückgekommen vier Scheiben Vollkornbrot in einem kleinen Bastkorb auf den Tisch. "Ja," antworte ich. "Nach dem Essen werde ich ihnen etwas zeigen, sie werden staunen." 


27.7.17

Wenn man lange genug auf eine Stelle sieht - 23.Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm

von Heidenheim nach Oettingen 22,3km

Wenn man lange genug auf eine Stelle sieht, immer auf die selbe, dann entstehen auf Häuserwänden Bilder und aus Bildern kriechen Menschen. 


Biografien auf brüchigem Häuserputz, die man nie gesehen hätte. Die Zeit hat sie gemalt. Man muß lange genug auf ein und die selbe Stelle gucken und alles wird anders. Als würde eine zweite Haut die Wahrheit hinter dem ersten Schein verraten, begierig darauf entdeckt zu werden.


26.7.17

Den ganzen Tag - 22. Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm
von 
Kalbensteinberg nach Heidenheim 33,3km

Ich weiß nicht was ich gesehen haben würde hätte ich hochgeschaut. Und ich weiß auch nicht warum ich das hier mache. Es hat den ganzen Tag geregnet.





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25.7.17

Jemand - 21. Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm
von Schwabach nach Kalbensteinberg 34,4km


Ich könnte Bäume ausreißen. Schnell erledige ich schon auf den ersten Kilometern meine Hausaufgaben. Text lernen. Lessing, Arthur Miller und Bodo Wartke stehen heute auf dem Programm. Hinter Schwabach tritt man in die Fußstapfen alter Handelsstraßen. 

Kapelle am Heidenberg

Hinter dichten Bäumen auf einer Anhöhe, am Heidenberg, zeigt sich eine moderne Kapelle. Eng gereihte Eichenstehlen formen den Innenraum. Ein schlichter Kalkstein mit einer Glasplatte bildet den Altar. Ich sitze und schweige. Dann überkommt es mich. Und wie aus Schleusen, die sich öffnen, nach viel zu langer Zeit, dem Druck endlich nachgeben, fallen mir die Tränen aus den Augen und ich weiß genau warum.




Dann fange ich an zu beten, suche nach dem Text, der in der Bibel steht und nicht in meinem Kopf, der sich wie aus fernem Nebel wieder bildet und gestehe mir ein, ich habe Angst. Der Krebs, der sich meine Mutter ausgesucht hat, will nicht weichen. Fest drücke ich meine Hände aneinander. Ich, der das beten nie gelernt hat. Leise schließe ich die Tür, als wäre noch jemand darin. Jemand der nicht gestört werden darf.




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Nächstes Kapitel: Den ganzen Tag - 22. Pilgertag



24.7.17

Wo waren wir stehen geblieben? - 20. Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm
von Nürnberg nach Schwabach 17,1km

Stau - und der Himmel läßt den Regen auf das Dach des Busses trommeln. Ich fahre nach fünf Monaten wieder zum Ausgangspunkt um meine Reise zu Fuß nach Spanien fortzusetzen und habe redlich versucht weniger Gepäck mitzunehmen. Aber Verzicht bedeutet Überlegung. Einfach weniger wäre leichtfertig. Immer wieder die Frage: Was braucht man wirklich? Südlich verlasse ich Nürnberg. 


Katzwanger Straße Nürnberg Süd

30.4.17

Marathon zum 20.OEM Dresden, 3:46:24

Das "Projekt 3:29:59" stand nun seit einiger Zeit. Beate, André, Martin, Thomas hatten sich vorgenommen einen"antifaschistischen Schutzwall" um mich herum zu errichten, jegliche Störfaktoren somit auszuschalten. Sich dem Wind, welcher sowieso an diesem sonnigen Tag leicht von hinten kam, und überhaupt allen Störungen entgegenzutreten war ihre Aufgabe. Ganz wie der "Innenminister" lief ich also innen, behütet und angefeuert. Bekam Cola wann ich wollte, das gabs zuletz nur auf dem Kindergeburtstag. Ab km 30 musste ich dem hohen Tempo Tribut zollen. Es ging mir wirklich verzweifelt schlecht. Schon ab km 18 eigentlich spürte ich Schwäche. Wie ich ins Ziel gekommen bin, dass ist fast ein Rätsel. "Mit de Beene" wahrscheinlich. Es ist nicht so schlimm, das man ein Tempo nicht hält, wen man WEITER LÄUFT. Ich bin so dankbar. Ich habe wunderbare Freunde. Als Cathleen in der 3:45 Pace Gruppe aufschloss waren wir komplett. Sie konnte sogar noch reden. Mir hatte es jede Sprache verschlagen. Danke.


54 Platz in meiner Altersklasse, von 190 insgesamt. 306. Platz der Männer von 896 insgesamt. 

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25.2.17

Nürnberg - 19.Pilgertag

Auf dem Oberfränkischen Jakobsweg
von Kalchreuth nach Nürnberg 20,3km

"Wo ist der Weihnachtsmarkt?" rufe ich. "Wo ist der berühmte Nürnberger Lebkuchen, den man am besten in Sachsen kaufen kann?" Und richtig auf dem Markt, gibt es doch tatsächlich auch jetzt weihnachtliches Gebäck in allen Größen und schönen bunt gestanzten Dosen. 


Zunächst aber laufe ich auf die Stadtmauer zu. Imposant und riesig. Chinesen aus Bussen steigen aus und halten ihre iPads auf die Burg, dann steigen sie wieder ein und sind weg. Ein hastiges Volk. So laut wie leise. 


Man betritt die Stadt von oben, die Kaiserburg im nahen Blick und fällt dann geradezu stadteinwärts auf den berühmten Marktplatz.



Der "Schöne Brunnen" auf dem Markt wurde Ende
des 14.Jahrhunderts errichtet.

Heute ist wiedermal ein Abschied. Ich werde von Nürnberg nach Hause fahren und von hier aus die Reise im Sommer 2017 fortsetzen. 


Inzwischen bin ich schon 506 km von zu Hause in Richtung Spanien gepilgert. Mensch, ist das aufregend! Aufregend vor allem deshalb, weil man sozusagen im "Vorbeigehen" erlebt, wie sich die Mentalität, der Dialekt, die Architektur, das Bier, oder auch nur das Brot verändern. Es ist nicht das Große, das Gewichtige, das man beim Pilgern erfährt. Es sind die Kleinigkeiten, die ein Neues, ein neues Ganzes ergeben. 

Denn was man zu Fuß erlebt behält man im Kopf.




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24.2.17

Der Zauberstab - 18.Pilgertag

Auf dem Oberfränkischen Jakobsweg
von Betzenstein nach Kalchreuth 38km

Mit der Burgruine Wildenfels wird der höchste Punkt der Strecke zwischen Bayreuth und Nürnberg erreicht. Durch die Ost-West-Überquerung der Fränkischen Alb gibt es viel auf und ab.


Heute ist ein schöner Tag. Ich komme gut voran und singe Bodo Wartke Lieder. In vier Monaten ist Premiere auf dem Theaterkahn Dresden und die Lieder sind schön, aber lang.  Nun gut, ich habe Zeit und geniesse seinen Wortwitz auf den Feldern vor Gräfenberg.


In Gräfenberg auf dem Marktplatz mache ich Halt und lese in der Karte. Dann stocke ich, atme einmal tief durch, schaue wieder auf die Karte und stocke erneut. Ich habe meine Rechnung ohne den Winter gemacht. Natürlich, es wird ja im Winter viel früher dunkel. Oh, ich verdammtes Stadtkind. Oh, ich verwöhntes, straßenlichtbehütetes, U-Bahn und S-Bahn geschädigtes berlinerndes Stadtkind. Jetzt aber schnell, denn wenn nicht ein Wunder geschieht, bin ich zum Sonnenuntergang noch mitten im Wald, ohne Licht und Orientierung.




23.2.17

Garry Cooper und Bodo Wartke - 17.Pilgertag

Auf dem Oberfränkischen Jakobsweg
von Pegnitz nach Betzenstein 26km


Ich werde die Herausforderung annehmen, beim nächst Zyklus genauer darüber nachzudenken, was ich alles nicht brauche und was ich wirklich brauche. Jedoch nicht: "Weniger ist mehr!", sondern "Besser ist richtig!". Das richtige Material, eine Jacke für viele Gelegenheiten. Außerdem darf man ruhig auch was vermissen. Das ist am Ende gar nicht schlimm. Unsere Zeit hat uns abgewöhnt Dinge zu vermissen. Wir haben immer alles dabei. Selbst das Schweizer Taschenmesser hat 104 Funktionen. Ich glaube, man kann es auch essen.




Schnell bin ich aus dem Pegnitztal heraus hoch auf die Felder. Der Weg führt nach Bronn. Einem kleinen verschlafenen Nest. "High Noon" im Frankenwald. "Hallo, lebt hier jemand?" ich rufe halblaut, denn ich vermute Garry Cooper kommt gleich um die Ecke. Aber es gibt kein Duell. Ich trinke Tee und laufe singend die Straße ortsauswärts. Bodo Wartke, ob man den hier kennt? Nicht mal eine Kuh, die mir zunickt, keine Fliege. Nur das stete summen der Autobahn in weiter Ferne.



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Nächstes Kapitel: Der Zauberstab - 18. Pilgertag


22.2.17

Im Westen nichts neues - 16.Pilgertag

Auf dem Oberfränkischen Jakobsweg
von Creußen nach Pegnitz 26km


Vielleicht fehlen mir die duftenden Gräser und Felder. Es ist eintönig. Selbst der Wald trauert. Ich friere eigentlich immer. Meine dünne Laufjacke hält die Winde kaum ab. Gegen alle Vernunft lasse ich Pausen aus, um vorwärts zu kommen. Es regnet. In Hungenberg, biege ich in den Wald ab. Hier muß irgendwo die Quelle des "Roten Main" sein.



Wußte ich garnicht, dass der Main aus dem "Weißen Main" und dem "Roten Main" besteht. Ersterer entspringt im Granitgebirge. Ich lese zähneklappernd die Tafeln im Wald, mehr pflichtbewußt als interessiert. 

21.2.17

3,6 Sekunden - 15.Pilgertag

Auf dem Oberfränkischen Jakobsweg
von Bayreuth nach Creußen 21km

David liebt schnelle Autos. Seine Freundin auch. David wird Medizin studieren. Am besten in Wien. 6000 Bewerber auf 300 Plätze. Das kann knapp werden. Aber wird klappen. David grinst: "Ich bin faul, aber ehrgeizig! Ich will der Beste sein. Wenn schon, denn schon. Dann drückt er aufs Gas und der Mercedes schnellt nach vorne. Von Null auf hundert in 3,6 Sekunden. Es drückt uns in die Sitze. "Wie auf dem Rummel", stöhne ich. Oh Gott ist das schnell. Ich schaue nach unten. Eine alte Technik, erlernt auf unzähligen Riesenrädern dieser Welt. David grinst. David grinst eigentlich immer und ich bin ihm dankbar, weil er mich, mit dem Auto seiner Eltern, in 3,6 Sekunden von Dresden nach Bayreuth fährt. Der Regen peitscht an die Scheiben.



Und dann ist Bayreuth einfach da, wie selbstverständlich, als wäre keine Zeit dazwischen gewesen. Ein halbes Jahr ist vergangen. Jetzt haben wir Winter. Und es geht weiter auf dem Oberfränkischen Jakobsweg.



Etwas trostlos, aber schneebefreit mühen sich meine Schuhe auf den feuchten Wegen.  Mein Fuß versinkt im Morast. In Creußen findet sich ein Schild in der Brautgasse. "Noch 2856 km bis Santiago de Campostella."


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Nächstes Kapitel: Im Westen nichts neues - 16.Pilgertag