31.7.17

Das ich Liebe übe - 27. Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm

von Giengen nach Nerenstetten  24km


"das ich liebe übe, wo man sich hasst,
verzeihe, wo man sich beleidigt,
verbinde, wo Streit ist,
die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht,
den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt, 
die Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält, 
dein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert, 
Freude mache, wo der Kummer regiert." 

Franz von Assisi (1182 - 1226)


...gefunden auf einem großen Bild 
in der kleinen frühgotischen Kirche 
St. Cyriakus, Nerenstetten.




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30.7.17

Keine Zeit für Helden - 26.Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm

von Neeresheim nach Giengen 27,6km

Am Abend vorher ruft mich ein Veranstalter an. "Ich bin kein Moderator", sage ich und schalte den Fernseher ein. Die Beine wiegen schwer. "Aber das ist ja gerade der Reiz", antwortet der Veranstalter am anderen Ende der Leitung und seine gute Laune nervt. "Sie bringen als Schauspieler eine ganz neue Farbe in unsere Ball, denn wir ziehen das diesmal ganz groß auf und wollen es knallen lassen." Die Frauenfußball Nationalmannschaft läuft sich gerade warm, gleich beginnt das Spiel gegen Dänemark.



Ich habe gelernt bescheiden zu sein. Manche Angebote erweisen sich als gut, wenn man sie einfach annimmt, ohne lange nachzudenken. Zuviel Nachdenken macht mürbe. Und wer mürbe ist wird müde. Das Leben ist bunt und nicht jede Logik erweist sich zu jeder Zeit als hilfreich. 


29.7.17

Auf Wolken - 25.Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm

von Nördlingen nach Neeresheim 28,2km

Ich sitze alleine beim Frühstück und schaue in die Zeitung, dann schlage ich sie zu und schaue aus dem Fenster. Heute wird es warm. Blauer Himmel, saftige Wiesen und Kiefernwälder begleiten mich. In der Burgruine Niederhaus mache ich Rast.

Ederheim, Bayern - Burgruine Niederhaus

Napoleon war sein Sieg bei Neereheim, mein heutiges Etappenziel, so bedeutsam, dass er den Namen in den Arc de Triumph in Paris eingravieren ließ. Das Kloster, ein Kilometer vor Neeresheim, ist beeindruckend .


28.7.17

Flammendes Inferno - 24.Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm

von Oettingen nach Nördlingen 26,9km

Fünfhundert Weißbrotbrötchen versperren mir die Sicht im barocken Frühstückssaal des Hotels zur "Goldenen Gans" in Oettingen. "Ich bringe ihnen Vollkornbrot", die Wirtin blickt verstohlen auf die Uhr. "Ich habe verschlafen, stöhne ich kleinlaut." "Das habe ich gemerkt", sie wendet sich geübt und im Bewusstsein Wirkung zu hinterlassen, ihre Jeans sind etwas aus der Mode, sitzen aber gut, denke ich, als sie den Saal verläßt und im gehen, wie nebenbei Teller von den Nachbartischen räumt. Wie alt wird sie sein? 


Oettingen, Bayern, Hotel Zur Goldenen Gans


"Sie sind Schauspieler?", fragt sie und stellt, zurückgekommen vier Scheiben Vollkornbrot in einem kleinen Bastkorb auf den Tisch. "Ja," antworte ich. "Nach dem Essen werde ich ihnen etwas zeigen, sie werden staunen." 


27.7.17

Wenn man lange genug auf eine Stelle sieht - 23.Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm

von Heidenheim nach Oettingen 22,3km

Wenn man lange genug auf eine Stelle sieht, immer auf die selbe, dann entstehen auf Häuserwänden Bilder und aus Bildern kriechen Menschen. 


Biografien auf brüchigem Häuserputz, die man nie gesehen hätte. Die Zeit hat sie gemalt. Man muß lange genug auf ein und die selbe Stelle gucken und alles wird anders. Als würde eine zweite Haut die Wahrheit hinter dem ersten Schein verraten, begierig darauf entdeckt zu werden.


26.7.17

Den ganzen Tag - 22. Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm
von 
Kalbensteinberg nach Heidenheim 33,3km

Ich weiß nicht was ich gesehen haben würde hätte ich hochgeschaut. Und ich weiß auch nicht warum ich das hier mache. Es hat den ganzen Tag geregnet.





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25.7.17

Jemand - 21. Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm
von Schwabach nach Kalbensteinberg 34,4km


Ich könnte Bäume ausreißen. Schnell erledige ich schon auf den ersten Kilometern meine Hausaufgaben. Text lernen. Lessing, Arthur Miller und Bodo Wartke stehen heute auf dem Programm. Hinter Schwabach tritt man in die Fußstapfen alter Handelsstraßen. 

Kapelle am Heidenberg

Hinter dichten Bäumen auf einer Anhöhe, am Heidenberg, zeigt sich eine moderne Kapelle. Eng gereihte Eichenstehlen formen den Innenraum. Ein schlichter Kalkstein mit einer Glasplatte bildet den Altar. Ich sitze und schweige. Dann überkommt es mich. Und wie aus Schleusen, die sich öffnen, nach viel zu langer Zeit, dem Druck endlich nachgeben, fallen mir die Tränen aus den Augen und ich weiß genau warum.




Dann fange ich an zu beten, suche nach dem Text, der in der Bibel steht und nicht in meinem Kopf, der sich wie aus fernem Nebel wieder bildet und gestehe mir ein, ich habe Angst. Der Krebs, der sich meine Mutter ausgesucht hat, will nicht weichen. Fest drücke ich meine Hände aneinander. Ich, der das beten nie gelernt hat. Leise schließe ich die Tür, als wäre noch jemand darin. Jemand der nicht gestört werden darf.




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Nächstes Kapitel: Den ganzen Tag - 22. Pilgertag



24.7.17

Wo waren wir stehen geblieben? - 20. Pilgertag

Auf dem Jakobsweg Nürnberg - Ulm
von Nürnberg nach Schwabach 17,1km

Stau - und der Himmel läßt den Regen auf das Dach des Busses trommeln. Ich fahre nach fünf Monaten wieder zum Ausgangspunkt um meine Reise zu Fuß nach Spanien fortzusetzen und habe redlich versucht weniger Gepäck mitzunehmen. Aber Verzicht bedeutet Überlegung. Einfach weniger wäre leichtfertig. Immer wieder die Frage: Was braucht man wirklich? Südlich verlasse ich Nürnberg. 


Katzwanger Straße Nürnberg Süd